Das ist schon verblüffend: Wenn sich eine Firma, die  eigentlich „nur“ Fensterbeschläge herstellt, mit einem Mal Gedanken macht über ganze Räume. Wenn sie Architekten und Wissenschaftler auffordert, über Raumkomfort nachzudenken.

So geschehen bei der Firma Siegenia-Aubi im nordrhein-westfälischen Wilnsdorf. Unter dem Titel „Room Visions 2030“ ist das Ergebnis dieses Diskurses jetzt als Buch erschienen.

Auf etwa 70 Seiten versammelt der Band Beiträge von namhaften Persönlichkeiten wie  Kaspar Kraemer, dem langjährigen Präsidenten des Bund Deutscher Architekten BDA oder  Prof. Dr. Stephan Günzel,  Professor für Medientheorie an der Berliner Technischen Kunsthochschule, Experte für  den Raum im Computerspiel. Und vielen weiteren, die sich allesamt mit einer Frage befassen: Was macht die Qualität eines Raumes  aus?

Hier bin ich auch auf ein spannendes Statement des Hamburger Star-Architekten Hadi Teherani gestoßen:

Raum ist der größte Luxus, den wir haben. Das hat nicht unbedingt etwas mit der Größe eines Raumes zu tun, sondern mit seinem Komfort.
Hadi Teherani („Room Visions 2030“, Seite 28)

Größe allein macht noch keine Wohnlichkeit aus. Schieres Raumvolumen schafft keine Behaglichkeit. Umbauter Raum ist noch kein Zuhause. Aber was ist es dann, was Räume lebenswert macht? Und warum sind Altbauwohnungen aus der Gründerzeit nach wie vor die begehrtesten Wohnungen?

Ja, die Planer damals haben gleichwertige Räume konzipiert. Also Räume, die ihre Nutzung wechseln konnten. Inzwischen haben wir begriffen, dass wir diese Idee wieder aufgreifen müssen. Sehr gut.

Aber was macht diese Wohnungen so  faszinierend? Sie sind gemütlich, höre ich immer wieder. Das klingt herrlich altmodisch und vertraut. Und es meint, die Räume vielfältig nutzen zu können. Nicht nur für eine halbe Stunde hineinhuschen und Essen vorbereiten. Warum halten sich alle so gerne in Küchen auf? Weil der Raum bis in den letzten Winkel genutzt wird. Das tut ihm gut.

Die Möbelausstellung, artig arrangiert um den Fernseher – wer bitte setzt sich denn tatsächlich mit seinen Freunden dorthin? Dieser Wohnraum hat mit „wohnen“ meist wenig zu tun und anderes fällt einem auch nicht dazu ein.

Eine Aufenthaltsqualität stellt sich beispielsweise dann ein, wenn der Bewohner die Möglichkeit hat, mit den Proportionen im Raum zu spielen, mit wenigen Handgriffen neue Zonen einzurichten: Stichwort Flügeltüren. Mal „Höhle“, mal Weitläufigkeit für zwanzig Gäste.

Also, bitte: Bauen, planen, gestalten wir endlich wieder mehr Räume, die wirklich einladen zum Leben!


„Room Visions 2030“. Erschienen Januar 2015. Erhältlich über: Siegenia-Aubi KG, Industriestraße 1 – 3, 57234 Wilnsdorf-Niederdielfen

Astrid Engel