Mit der Gründung der Bundesrepublik und dem Wirtschaftswunder der Fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelte sich ein breites sozialpolitisches Ziel, das heute, gut 70 Jahre später, immer noch umfassende Gültigkeit hat – und das trotz eines mittlerweile völlig veränderten gesellschaftlichen und globalen Umfelds. Das Ziel lautete: Jeder möge nach dem wohlverdienten Feierabend um sein eigenes Heim schreiten können.

Die Prämisse war: Es sollte endlich Schluß sein mit Wohnen auf beengtem Raum, mit belästigenden Gerüchen aus Nachbars Küche. Schluß mit nervigen Geräuschen und der alles entscheidenden Frage: „Schatz, wo stellen wir die neue Sofalandschaft hin?“

Die Politik war sich einig: Der Luxus, der bis dahin nur wenigen vergönnt war, sollte zukünftig für die deutsche Bevölkerung zum Standard werden: Statt 15 m² pro Nase nun das Einfamilienhaus mit eigenem Ziergarten.

Absolut legitime Ideen. Und der Traum vom Eigenheim ist heute für viele möglich geworden. Das sei jedem gegönnt.

Aber was ist die Kehrseite dieser Entwicklung? Die meisten Wohnbezirke in Deutschland sind heute zersiedelt, Vorstädte fressen sich raumgreifend in die Landschaft und dämmern tagsüber vor sich hin, wenn die Bewohner zur Arbeit marschiert sind.

Oft sind die vollautomatischen Mähroboter das Einzige, was sich dann noch rührt in Deutschlands Wohnquartieren. Und abends fallen die Bezirke ganz in Schlaf, sobald alle Grashalme gekürzt und die Jalousien automatisch geschlossen sind.

Eine lebendige Infrastruktur? Eine Mischung aus Wohnen, Leben, Gewerbe, Kultur, Generationen? Fehlanzeige. War das eigentlich schon immer so?

Früher lebten wir Menschen in grossen Häusern in einer Gemeinschaft. Im ländlichen Raum gehörten da selbstverständlich die Angestellten mit dazu. Gegessen wurde in großer Runde, gefeiert sowieso. Nur zum Schlafen verkrümelte sich jeder in seine eigene kuschlige „Höhle“.

Das „Wohnzimmer“ war der Raum, in dem die Bücher für jeden zugänglich im Regal standen. Hier wurde gemeinsam Radio gehört, der Raum war gut geheizt, damit man in Ruhe beieinander sitzen konnte. Bevor der Begriff Wohnzimmer geprägt wurde, war dieser Bereich eine ruhigere Ecke in der Küche. Und in den Städten war ebenfalls der zentrale Aufenthaltsort einer Wohnung: die Küche.

Denn „Restaurants“, das waren die Plätze an denen sich die Arbeiter mit einer warmen Mahlzeit versorgen konnten. Analog den Garküchen wie wir sie noch heute aus dem asiatischen Straßenbild kennen. Das Bürgertum ging nicht essen. Hier saßen alle – inklusive Nachbarn – am heimischen Tisch und waren in lebhafte Gespräche vertieft.

Nun will sicher niemand zu den Verhältnissen des 19. oder 20. Jahrunderts zurück. Aber fest steht: Die Gemeinschaft mit anderen tat uns gut.

Gemeinschaft ist ein menschliches Grundbedürfnis.
Und wir haben das im Lauf der Jahrzehnte aus den Augen verloren.

In der Zwischenzeit haben wir gelernt, technische Lösungen zu finden für Schall- und Wärmeschutz. Wir wissen, wie wir Licht und Luft in unsere Häuser holen können. Die Quartierplaner nehmen sich die Zeit und tüfteln intelligente Grundrisse mit den Bewohnern aus, damit sich gemeinschaftliches Wohnen und Arbeiten gut anfühlt und den Bedürfnissen gerecht wird.

Was denken Sie: Wie sollte Wohnen heute wirklich sein? Nutzen Sie einfach die Kommentar-Funktion auf dieser Seite für Ihre Anregungen, Wünsche und Ideen.


 

Astrid Engel